Kolumne Neckar-Chronik: Menschenbild(er)

AM 12.03.2020 WURDE DER KOLUMNEN-BEITRAG "MENSCHENBILD(ER)" VON SASKIA ESKEN IN DER NECKAR-CHRONIK HORB VERÖFFENTLICHT

Die Bilder, die uns in den letzten Tagen von der griechischen Grenze, aus den Flüchtlingslagern, aus Syrien und der Türkei erreichen, bewegen uns. Das Leid von Millionen Menschen, die obdachlos sind, die um ihr Leben fürchten, die ihre Familien verlieren, die aus Todesangst fliehen, das darf keinem von uns egal sein! Mir fällt es schwer, diese Bilder aus dem Kopf zu bekommen. Eingebrannt hat sich das Bild des dreijährigen Aylan: ein kleiner lebloser Körper im nassen Sand, gestorben auf der Flucht aus Syrien. Einbrennen werden sich auch die Bilder der Kinder in Griechenland, viele davon alleine, ohne Eltern und Verwandte.

Ich bin ehrlich entsetzt, welche abstrusen Unterstellungen hierzu angestellt werden: Was ist das für ein armseliges Menschenbild, wenn man unterstellt, Eltern schickten ihre Kinder mit kaltem Kalkül alleine auf die Flucht? Eine Flucht, auf der den Kindern Todesgefahren drohen, wo sie Hunger leiden, Gewalt erfahren und darüber vor der Zeit ihre Kindheit verlieren.

Im Koalitionsausschuss am Sonntag haben wir festgelegt, dass sich Deutschland nun an einer „EU-Koalition der Willigen“ angemessen beteiligen und besonders schutzbedürftige Kinder und Jugendliche aus griechischen Flüchtlingslagern aufnehmen wird. Wir sind jetzt auf europäischer Ebene handlungsfähig und müssen nicht auf die Teilnahme einer bestimmten Zahl von Staaten warten. Ich bin froh, dass wir den Einstieg in die Hilfe endlich geschafft haben. Aber ich sage auch, dass das beschämend lang gedauert hat. Die Verhandlungen mit der Union waren zäh und schwer. Der Bundesinnenminister wird im Laufe der Woche über die Ausgestaltung mit seinen Amtskollegen verhandeln. Die Versorgung aller Geflüchteten in Griechenland muss wesentlich verbessert werden. Griechenland braucht hierfür die Unterstützung der EU.

Ich finde es großartig, wie viele Kommunen und Bundesländer sich schon bereiterklärt haben, unbegleitete Kinder aus den Flüchtlingslagern aufzunehmen. Diese Mitmenschlichkeit und diese Unterstützung zeigen, wie groß wir Menschen sein können. Zu Beginn der sogenannten Flüchtlingskrise in Europa habe ich 2015 an dieser Stelle in meinem Kolumnenbeitrag geschrieben: „Die Solidarität mit den Flüchtlingen darf nicht in Frage gestellt werden. Denn uns alle vereint der Wunsch nach Frieden und Freiheit als Grundlage für ein menschenwürdiges Leben.“ Genau das gilt.

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