Rede zur Eröffnung des Debattenkonvents 2022

Soziale Politik für Dich, soziale Politik für die Gesellschaft.

Foto: Ansgar Wörner

Liebe Genossinnen und Genossen,
liebe Freundinnen und Freunde,
lieber Lars,

vielen Dank für diesen fulminanten Einstieg in diesen wirklich spannenden Tag, den wir vor uns liegen haben. Du hast es gesagt: Die SPD hat die Bundestagswahl gewonnen und führt seitdem mit unserem Bundeskanzler Olaf Scholz eine Fortschrittsregierung, eine sozialdemokratische Regierung, an. Und diese Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag tatsächlich viel Fortschritt vorgenommen!

Aber wir als führende Regierungspartei wollen wir nicht nur den Laden zusammenhalten. Wir haben den Anspruch: Wir wollen Treiber dessen sein, was uns viele Wählerinnen und Wähler offenbar wieder zutrauen:

Soziale Politik für Dich, soziale Politik für die Gesellschaft.

Und das machen wir jetzt! Auch und gerade, weil uns die Zeiten und weil uns die Zeitenwende das Management schwerer und schwerster Krisen abverlangen.
Und das in einer Gesellschaft, die durch Corona ermüdet ist, gezeichnet ist und in Teilen verstört. Doch auch wenn wohl keine Regierung seit 1949 einen so schweren Start hatte; auch wenn die Krisen und ihre Bewältigung stark im Fokus stehen, auch in unserem Alltag: Wir wollen den technologischen, wir wollen den gesellschaftlichen Wandel vorantreiben und zum sozialen Fortschritt machen für eine gerechtere Zukunft.

Den sozial-ökologischen Wandel wollen wir mit einer neuen Industriepolitik gestalten, wie Lars es gerade ausgeführt hat. Verbunden mit neuen Konzepten für klimagerechtes Bauen und Wohnen, für Ernährung, Mobilität und vieles mehr.

Die Digitalisierung, die unser Leben ja längst durchdringt, wollen wir so gestalten, dass sie der Emanzipation der Menschen dient und mehr Teilhabe und mehr Demokratie ermöglicht. Und nicht so wie es jetzt ist. Und wir wollen, ja wir müssen, unsere alternde Gesellschaft zukunftsfit machen durch einen richtigen Boost für Bildung!

Durch eine höhere Erwerbsbeteiligung der Frauen und durch die Zuwanderung von Menschen mit Qualifikationen oder mit dem Potenzial dafür. Und das alles – und das muss man schon auch sagen – in einer Welt, die sich in einem disruptiven Umbruch befindet und die nichts dringender braucht, als eine Neuauflage der Weltinnenpolitik! Das ist unsere Aufgabe, liebe Genossinnen und Genossen.

Krisen bewältigen und gleichzeitig die Zukunft nicht nur geschehen lassen, sondern sie gestalten. Das hört sich nach einem Tanz auf zwei Hochzeiten an und nach einer krassen Überforderung. Aber ist das wirklich so?

Tatsächlich sind Krisen und Transformationen eng miteinander verbunden. Corona hat der Digitalisierung einen gewaltigen Schub verschafft. Viele Schulen sind digitaler geworden und viele Unternehmen haben festgestellt, dass mobiles Arbeiten und Homeoffice tatsächlich funktioniert. Und auch die Zeitenwende wirkt ja wie ein Brandbeschleuniger für unsere Souveränität und für vieles, was bei der sozial-ökologischen Wende … ja, man es so sagen: verschlafen wurde.

Was zu tun ist, damit aus all der Veränderung auch sozialer Fortschritt wird, darüber wollen wir heute und morgen mit Euch debattieren.

Mir ist es wichtig, dass wir dabei die zentrale Frage in den Mittelpunkt stellen, die uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten von den anderen unterscheidet.

Wir fragen: Was braucht die Wirtschaft, was braucht die Industrie, um im Wandel stark zu bleiben?

Lars hat das ja deutlich gemacht: Das geht im Kern um Arbeitsplätze, es geht um Mitbestimmung und es geht um unseren Wohlstand.
Und da muss natürlich im Wirtschaftsministerium der Geist von Peter Altmaier und der Union noch überwunden werden, dass die Abwesenheit von Politik die beste Politik sei.

Und wir fragen, und gerade das zeichnet uns Sozialdemokratinnen und Soztialdemokraten aus: Was brauchen die Menschen und was braucht die Gesellschaft, um stark zu bleiben im Wandel? Was brauchen Menschen, um in Krisen Resilienz zu zeigen und Veränderung nicht abzuwehren, sondern sie
zu umarmen und zu gestalten? Die wichtigste Grundlage für Resilienz und Veränderungsmut ist Sicherheit:

- soziale Sicherheit durch starke Familien, durch gute Arbeit und durchgleichen Respekt!

- individuelle und kollektive Sicherheit durch starke Rechte - als Arbeitnehmer*innen, als Verbraucher*innen und als Bürger*innen.

- Und nicht zuletzt Teilhabe-Sicherheit … durch Bildung! Bildung, die emanzipiert, die befähigt, die stark und mutig macht, sich immer wieder selbst weiter zu bilden.

Bildung ist das Emanzipationsversprechen der SPD. Damit Bildung bei allen Menschen ein Leben lang gelingt, muss sie vor allem am Anfang gelingen.

Wenn wir dann erfahren, dass ein Viertel aller Grundschülerinnen und Grundschüler am Ende der Grundschulzeit nicht die Kompetenzen erworben haben, um erfolgreich eine weiterführende Schule zu besuchen und abzuschließen – dann ist das kein Alarmzeichen mehr, dann ist das ein Zeichen, dass es brennt!

Verlorene, verbaute Bildungschancen für ein Viertel unserer Kinder – das ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit, die den Zusammenhalt in unserem Land bedroht. Aber sie bedroht auch unsere Volkswirtschaft und unseren Wohlstand.

Deshalb ist es ein Kernanliegen der SPD, deshalb ist es mein Kernanliegen, ganz gezielt in gleiche Bildungschancen zu investieren.

Dazu müssen sich Bund, Länder und Kommunen zusammentun. Kooperation ist das Gebot der Stunde – nicht ein Verbot!

Wir leisten als Bund unseren Teil und wollen noch mehr tun: Mit dem Digitalpakt Schule. Mit dem Startchancenprogramm, das jetzt kommen muss. Nicht 2024 oder 2025.
Aber eben auch mit gerechten Löhnen und einer Kindergrundsicherung, die Schluss macht mit der beschämenden Armut von Kindern in diesem Land!

Liebe Genossinnen und Genossen,

Bildung als Mittel der Emanzipation – das bewegt die SPD seit 160 Jahren. Arbeiterbildungsvereine waren Orte der Bildung, der Emanzipation und der Vernetzung – der Organisation – von Arbeiterinnen und Arbeitern. Vor 50 Jahren wurde auch das Internet erdacht als Ort der Bildung, der Emanzipation und der Vernetzung. Durch den freien Zugang zum Wissen dieser Welt, zur Kommunikation und Zusammenarbeit über alle Grenzen hinweg, hoffte man, die menschliche Gesellschaft weiter zu bringen. Doch leider müssen wir ziemlich ernüchtert feststellen, dass damit auch der Zugang zum Unwissen, zu Fake-News, zu Desinformation und Verschwörungsmythen verbunden ist.

Und diese Phänomene werden immer wirkmächtiger und gefährden unsere Demokratie. Doch warum ist uns die Gestaltung dessen, was wir „das Netz“ nennen, dermaßen entglitten? Tim Berners Lee, einer der Begründer des Internets, ruft uns dazu auf, uns das Netz zurückzuholen und es wieder zu dem zu machen, was seine Ursprungsidee war.

Er sagt: Die Kapitalverwertung hat das Netz kaputt gemacht. Und das gilt im besonderen Maße für die sozialen Netzwerke. Natürlich braucht es in einer digitalen Welt digitale öffentliche Räume für Meinungsbildung und demokratischen Diskurs. Natürlich braucht es Werkzeuge für Kommunikation und Vernetzung, damit auch Zivilgesellschaft im digitalen Raum funktionieren kann. Aber, das muss man ja ganz klar sagen: WhatsApp, Facebook, Twitter & Co. erfüllen diesen Anspruch in keiner Weise. Stattdessen erleben wir da die Verbreitung von Hass und Hetze in einer Qualität, dass sie unseren Zusammenhalt wirklich bedroht. Wir erleben Kampagnen von Desinformation, von Manipulation von Meinungen und Wahlen.

Und weil aber mit Empörung und mit Clickbaiting eine Menge Geld verdient werden kann, haben die Plattformen keinerlei Interesse, dagegen vorzugehen. Sie ignorieren unsere Appelle zur Selbstkontrolle. Sie wehren sich mit Händen und Füßen gegen Regulierung. Und deshalb habe ich einen Schritt getan, der mir nicht leichtgefallen ist: Ich habe Twitter verlassen.

Manche sagen, ich hätte jetzt meine Reichweite verloren. Ich glaube nicht. Ich finde diese Reichweite auch ziemlich stark! Ich habe ja gesagt: Natürlich brauchen wir öffentliche digitale Räume und wir brauchen Werkzeuge. Doch wir wollen dort Akteure sein und nicht bloße Ware. Und deshalb müssen wir uns diese Räume und diese Werkzeuge selber schaffen.

Die Digitalisierung sozial und demokratisch zu gestalten, ihre Wirkmächtigkeit für das Gemeinwohl zu nutzen und ihre Dividende auch gerecht zu verteilen ist eine große Aufgabe. Es ist eine sozialdemokratische Aufgabe!

Liebe Genossinnen und Genossen,

wahrlich verlangen die Zeiten, in denen wir leben und verlangen die Fragen und Herausforderungen, vor denen wir stehen, sozialdemokratische Antworten. Und genau die werden wir heute entwickeln.

Ich bin sehr, sehr dankbar – ich habe es schon gesagt – dass wir Sozialdemokrat*innen die Regierung mit einem starken Kanzler anführen. Dass wir hoch engagierte und kompetente Ministerinnen und Minister haben und eine große, eine bunte und eine leistungsstarke Fraktion.

Denn das macht es uns möglich, jeden Tag soziale Politik für Dich zu machen.

Ich bin auch dankbar, dass wir so eine debattenstarke Partei sind mit vielen vielen engagierten Mitgliedern. Unsere historische Mission ist es, für jede neue Zeit neue Antworten zu entwickeln. Sozialdemokratische Antworten. Das ist es, was wir hier tun!

Im Jahr 2018 haben Regionalkonferenzen und unser erstes Debattencamp uns zu der Überzeugung geführt:
Wir wollen Hartz IV überwinden. Wir entwickeln ein neues Sozialstaatskonzept.

Und jetzt zeigt sich im Regierungshandeln der SPD, dass unsere, dass Eure Debatten in Politik münden. In Politik, die dieses Land besser macht. Die das Leben der Menschen besser macht. Mit dem Bürgergeld. Dem Wohngeld. Und bald auch mit dem Startchancenprogramm und der Kindergrundsicherung.

Daran wollen wir anknüpfen! Wir erarbeiten jetzt und heute und morgen mit Euch und im kommenden Jahr Konzepte für die soziale, die ökologische und demokratische Gestaltung der Transformation. Und dann machen wir Politik daraus!

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