Rede im Plenum: Moderne Netze für ein modernes Land - Schnelles Internet für alle

Sehr geehrter Herr Präsident,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

meine sehr geehrten Damen und Herren,

mein Wahlkreis Calw liegt im nördlichen Schwarzwald. Dieser wunderschöne und bei Touristen aus der ganzen Welt sehr beliebte Landstrich zeichnet sich durch dichte Wälder, durch Berge und verwinkelte Täler aus.

Ich gebe es gerne zu: Ich genieße die Ruhe, wenn ich dorthin zurückkomme. Doch das Arbeiten im Internet, die Recherche, die Kommunikation und die Vernetzung mit anderen ist oft sehr beschwerlich, denn schon für die ganz triviale Internetnutzung einer Bundestagsabgeordneten ist das Netz in vielen kleineren Orten in meiner Heimat nicht ausreichend.

Die Architekten, die Grafikdesigner, die kleinen Energieunternehmen oder die Krankenhäuser in ländlichen Räumen können ein Lied singen von den  wirtschaftlichen Auswirkungen der fehlenden oder zumindest unzureichenden Breitbandversorgung. Lange werden sie sich an einem solchen Standort nicht halten können. Auch Einrichtungen, Schulen und Vereine sind auf schnelles und verlässliches  Internet angewiesen.

Ich stelle mal als Frage in den Raum: Liegt die wirtschaftliche Stärke Deutschlands nicht auch in ihrer dezentralen Struktur? Und wäre es nicht unsere Aufgabe, diese zu erhalten?

Nicht nur die Industrie und ihre besonderen Potenziale einer „vierten industriellen Revolution“ verdienen unsere Aufmerksamkeit. Dies tun auch die beiden Sektoren, die in Deutschland die meisten und die zweitmeisten Arbeitsplätze anbieten. An erster Stelle steht hier die berühmte „Wirtschaftsmacht von nebenan“, also das Handwerk. An zweiter Stelle ist das der Tourismus, der ohne ein schnelles und verlässliches, kostenfreies WLAN-Angebot in der Gunst der Gäste schnell ins Hintertreffen gerät.

Mit dem vorliegenden Antrag erneuern und konkretisieren wir das Ziel dieser Koalition, bis 2018 eine Versorgung aller deutschen Haushalte, Einrichtungen und Unternehmensstandorte mit 50 Mbit/s zu erreichen.

50 Mbit/s, das ist für eine ländliche Kommune, die gerade mal über 1 oder 2 Mbit/s verfügt, ein recht ambitioniertes Ziel, und wir können einen großen Fortschritt verbuchen, wenn wir diese Rate flächendeckend und verlässlich installiert haben.

Nicht nur am Rande möchte ich aber anmerken, dass dieses Ziel im internationalen Vergleich und bei der rasanten Zunahme der Anwendungsbereiche in digitaler Wirtschaft und Gesellschaft ganz sicher kein zu ambitioniertes Ziel ist. Für die datenintensive Wirtschaft ist eine Übertragungsleistung von 50 Mbit/s schon heute bei weitem nicht ausreichend.

Neben der Wettbewerbsfähigkeit unserer Wirtschaft ist der Breitbandausbau auch eine Grundbedingung dafür, dass alle Menschen im Land an der Wissens- und Informationsgesellschaft teilhaben können, am sozialen und am öffentlichen Leben und immer mehr auch an politischen Prozessen.

Der Staat, diese Überzeugung teilen sicher alle in diesem Haus, der Staat  ist dem Wohl seiner Bürger verpflichtet, und dazu gehört neben anderem die Daseinsvorsorge. Deshalb kümmern wir uns darum, dass Menschen und Güter – überall im Land - auf gut ausgebauten Straßen fahren können.

Wir sorgen dafür, dass Zuhause und in der Fabrik das Licht brennt und dass allmorgendlich sauberes Wasser aus der Dusche kommt. Wir betreiben Bildungs- und Kultureinrichtungen. Und wenn Menschen krank sind, dann sorgen wir dafür, dass sie auch in der Fläche eine gute medizinische Versorgung vorfinden.

Und ich bin vollkommen überzeugt: Ganz genauso ist es Aufgabe der Daseinsvorsorge, allen Menschen und überall im Land eine gute und zukunftsfähige Netzinfrastruktur zu bieten.

Die digitale Spaltung zwischen besser versorgten und weniger oder gar nicht breitbandversorgten Wohnorten und Unternehmensstandorten muss überwunden werden: Jeder muss dieselben Möglichkeiten und Voraussetzungen zur Teilhabe an Wirtschaft und Gesellschaft haben.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, meine sehr geehrten Damen und Herren,

neben der digitalen Bildung – diese Bemerkung mögen Sie mir als Bildungspolitikerin verzeihen – ist das schnelle Internet für alle also eine weitere grundlegende Bedingung für die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Deutschland.

Und weil Gesellschaft und Wirtschaft gleichermaßen von den Chancen der Digitalisierung profitieren, sind sie auch gemeinsam für das Gelingen verantwortlich. Die Wirtschaft ebenso wie die Politik im Bund, in den Ländern und den Kommunen müssen sich also gemeinsam auf den Weg machen, um den Ausbau des schnellen Internets voran zu bringen.

In einer idealen Welt würden wir dabei von Anfang an jeden Haushalt und jeden Betrieb, jede Schule und jedes Rathaus mit Glasfaserkabeln ans schnelle Netz anbinden.

Angesichts der finanziellen Begrenzungen können wir auf den Einsatz von Funklösungen aber zumindest im Übergang nicht verzichten, wenn wir die gesteckten Ziele bis 2018 in allen Bereichen des Landes erreichen wollen.  

Ich möchte aber als Abgeordnete eines ländlichen Raums auch deutlich sagen: Gerade bei uns, und das weiß jeder, der schon mal – natürlich als Beifahrer – auf der Fahrt durch den Schwarzwald mobil telefoniert hat, gerade bei uns im ländlichen Raum stoßen Funklösungen schnell an ihre natürlichen Grenzen.

Und wenn in einem Funknetz nicht nur ich, sondern auch mein Nachbar größere Datenmengen laden und verarbeiten will, dann verkommt die versprochene hohe und stabile Übertragungsleistung schnell zur schönen Theorie. Über die Unterschiede zwischen vertraglich vereinbarter und tatsächlich zur Verfügung stehender Leistung bei Funklösungen muss deshalb transparent informiert werden.

Langfristig muss in der ganzen Fläche des Landes der Ausbau des Glasfasernetzes vorangetrieben werden. Weil die vorbereitenden Arbeiten, also insbesondere der Tiefbau, hier 90% der Kosten verschlingen, müssen diese durch eine Mitverlegungspflicht heute schon so ausgeführt werden, dass die „Aufrüstung“ später erleichtert wird.  

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Politik ist sich ihrer Verantwortung bewusst. Vielerorts haben sich die Kommunen im Sinne der angesprochenen Daseinsvorsorge auf den Weg gemacht. Sie gründen Zweckverbände und andere Zusammenschlüsse, um die Breitbandversorgung für ihre Bevölkerung und die ansässige Wirtschaft zu verbessern. Insbesondere in der Fläche, wo die Kosten pro Anschluss kaum refinanziert werden können, müssen wir die Kommunen hierbei auch finanziell unterstützen.

Der bürokratische Aufwand für die Projektierung selbst, aber auch für die unterschiedlichsten Fördermittel muss dabei vor allem für die Kommunen deutlich reduziert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

einen erfolgreichen und schnellen Breitbandausbau werden wir nur auf den Weg bringen können, wenn die finanziellen Mittel dafür gewährleistet sind!

Basierend auf einer eher konservativen Kostenaufstellung haben wir deutlich gemacht – und hier waren sich alle Fachpolitiker einig -, dass für den anvisierten Breitbandausbau pro Jahr mindestens 1 Milliarde Euro investiert werden müssten.

Erwartet wird, dass durch die Versteigerung von freiwerdenden Funkfrequenzen einmalig rund 1 Milliarde Euro erzielt werden können. Selbst wenn diese Einnahme zu 100% in den Breitbandausbau gehen würde, wären wir von der notwendigen Finanzierung einer Milliarde pro Jahr weit entfernt.

Ich möchte deshalb hier und heute deutlich sagen: Wenn wir die Potenziale der Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft ausschöpfen wollen, wenn wir mit der internationalen Entwicklung Schritt halten wollen, dann muss der Bund bereit sein, künftige Haushaltsspielräume hierfür zu nutzen.

Die Koalition muss hier auch ein Zeichen setzen, indem sie Investitionen in die digitale Infrastruktur künftig prioritär behandelt. Und zur Nutzung der sogenannten Digitalen Dividende II müssen Bund und Länder zu einer guten gemeinsamen Strategie zusammenfinden, um weitere Investitionsmittel für den Breitbandausbau frei zu machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Deutschland ist ein modernes und wohlhabendes Land. Chancengleichheit, Innovation und eine starke Wirtschaft waren auf dem Weg dahin unsere Erfolgsmotoren.

Um keinen Schritt zurück zu machen, sondern weiter nach vorne zu gehen, müssen wir uns für die Digitalisierung von Wirtschaft und Gesellschaft stark machen – also für den Ausbau der Breitbandversorgung.

Politik, Gesellschaft und Wirtschaft dürfen den vorliegenden Antrag deshalb durchaus als Auftrag verstehen, Deutschland zu einem „modernen Land mit modernen Netzen“ zu machen.

Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.

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