Ohne Ehrenamt wäre alles nichts

Meine Sommertour: Woche 2

Meine zweite Sommertour-Woche liegt hinter mir, aber nicht ganz, denn auch am Wochenende habe ich noch eine ganze Menge zu erleben: Erst Kreisparteitag, dann Feierstunde zur Gesellenprüfung der Tischler im Kreis, die Wiedereröffnung im historischen Calwer Rathaus, das Wandelkonzert beim Altensteiger Musiksommer und die Premiere des Sommertheaters im Festspielhaus in Simmersfeld. Was bisher geschah, will ich Euch aber nicht vorenthalten: Mir sind in meiner zweiten Sommertour-Woche eine Menge großartiger Menschen begegnet, die sich mit großem Engagement für ihre Mitmenschen, ihre Ideen, unsere Gesellschaft und unsere Umwelt einsetzen. Das haben auch unsere Debatten zur Zukunft der SPD wieder gezeigt – diese Woche mit den Genoss*innen in Bad Herrenalb, Gechingen, Alpirsbach und Loßburg. Für diese engagierten Menschen mache ich gerne Politik ... und für die, die unsere Unterstützung brauchen.


Gleich Anfang der Woche habe ich Sascha Dengler getroffen, den frisch gewählten Teilzeit-Bürgermeister der kleinsten Gemeinde im Kreis Calw. Im Hauptberuf ist Dengler Polizeihauptkommissar. Wie in vielen kleinen Gemeinden ist die Aufrechterhaltung der Daseinsvorsorge das bestimmende Thema. Dabei ist die Bevölkerungsentwicklung positiv, setzt die Gemeinde aber auch unter Handlungsdruck, denn die KiTa-Plätze werden langsam knapp. Beim Thema Breitbandausbau ist Enzklösterle dank der Vorarbeit von Denglers Vorgängerin Petra Nych mittlerweile Vorzeigekommune: Mit Bandbreiten von bis zu 400 Mbit/s ist man hier schneller im Internet als in mancher Großstadt. Die Verkehrsanbindung lässt dagegen zu wünschen übrig, ohne eigenes (Zweit-) Auto geht es nicht. "Wir haben 950 Fahrzeuge bei 1250 Einwohnern, das ist schon eine Hausnummer", erklärte uns der Bürgermeister. Da helfen nur innovative Ideen! Zusätzlich zum E-Carsharing-Angebot wäre ein Elektro-Kleinbus für Bürger und Touristen denkbar, wie er in Baiersbronn verkehrt. Und die nette Idee der Wartebänke für Menschen, die eine Mitfahrgelegenheit suchen, könnte durch eine App ergänzt werden.


In Herrenalb war ich im Kinderhaus Regenbogen mit dem fast vollständigen Kollegium der zehngruppigen Einrichtung mit 188 Kindern verabredet. Begrüßt haben mich Michaele Härter, die seit einem Jahr die Gesamtleitung über alle Kindertagesstätten in Bad Herrenalb übernommen hat, und der Bürgermeister von Herrenalb, Norbert Mai, der sichtlich stolz auf seine Einrichtung und auf die Leistung seiner Mitarbeiterinnen ist. Vom SPD-Ortsverein waren Volker Schlöder dabei, Lukas Müller und Rainer Merkle sowie der frischgebackene SPD-Gemeinderat Hermann Ruf. Schnell ging es tief in die Materie - ich habe als Elternvertreterin und als Gemeinde- und Kreisrätin mit der frühkindlichen Bildung und Betreuung zu tun gehabt. Unter anderem sprachen wir über die Umsetzung des Orientierungsplans und darüber, wie wichtig die Kooperation mit den Grundschulen ist, damit der Übergang gelingt. Für die Aufgabe der Gesamtleitung ist Michaela Härter natürlich freigestellt, doch auch bei den Einrichtungsleitungen wäre das dringend notwendig. Insofern würde es auch in Bad Herrenalb sehr begrüßt, wenn die Mittel des Gute-KiTa-Gesetzes für die Leitungsfreistellung verwendet werden. Auch in Bad Herrenalb wurde deutlich, dass ein gutes Angebot an Bildungs- und Betreuungsangeboten die Attraktivität einer Kommune für Familien prägt: Gegen den Trend sinkt hier das Durchschnittsalter der Bevölkerung, und die Nachfrage nach Betreuungsplätzen steigt. Um der gestiegenen Nachfrage zu begegnen, entsteht laut Bürgermeister Mai in Rotensol ein weiterer achtgruppiger Kindergarten.



Nach einem kurzen Abstecher nach Bochum war ich am Mittwoch in Alpirsbach, wo ich das Sulzbergforum kennenlernen durfte, eine vereinsgetragene Musik- und Kunstschule. Mit dabei war auch mein Genosse Axel Ebner, der in Alpirsbach im Gemeinderat sitzt. Das Sulzbergforum bietet weit mehr als den Unterricht am Instrument und im Gesang. Der gemeinnützige Trägerverein hat hier ein richtiges kleines Kreativzentrum geschaffen. Hier gibt es Kurse in Kalligraphie, Qi Gong, Line-Dance und vieles mehr. Das alles haben uns die Macherinnen des Sulzbergforums Ursula Schnidrig, Beatrix Werner und Gertrud Heinzel vorgestellt, aber begrüßt wurden wir von Tom, einem jungen Klavierschüler, der uns ein gemeinsam mit seiner Lehrerin komponiertes Stück vorspielte. Ich selbst und auch meine Kinder haben eine musikalische Ausbildung genießen dürfen, zuhause und in der Jugendmusikschule. Es ist allen Kindern zu wünschen, dass ihnen diese Möglichkeiten offen stehen. Kommunen tun sich aber oft schwer damit, Einrichtungen wie das Sulzbergforum als Bestandteil ihres Bildungsangebots und damit als Standortfaktor zu erkennen und entsprechend zu unterstützen. So kämpft der Verein jedes Jahr erneut um die nötigen Spenden und Fördermittel, damit der Betrieb mit seinen 13 Lehrern weiterlaufen kann.

Der Freitag führte mich nach Horb, die Stadt, die mich schon seit jeher mit ihrer kulturellen Vielfalt beeindruckt und mit dem Netzwerk, das dem zugrundeliegt. Das “Projekt Zukunft” im Kloster Horb ist der Nukleus dieses Netzwerks, ein wirklich herausragendes soziokulturelles Zentrum. Seit 40 Jahren liegt es mehr oder weniger in den Händen der Gründer, doch nun steht man vor der schwierigen Aufgabe, langfristig für den Fortbestand zu sorgen. Die Brüder Ewald und Helmut Loschko kümmern sich mit ihrem 14-köpfigen Team jedes Jahr um 600 Belegungen der Räume, 100 Veranstaltungen finden in den uralten Gemäuern des ehemaligen Franziskanerinnenkloster jährlich statt. Mit dabei waren die Stadträtin und Kreisvorsitzende Viviana Weschenmoser und der Ortsvereinsvorsitzende Jérôme Brunelle. Wir waren uns einig, dass das Ehrenamt hier flankiert werden muss, damit Kontinuität gewahrt werden kann. Der Verlust dieser Einrichtung, die so viel zum einzigartigen Profil Horbs beiträgt, wäre weit teurer als die Mittel, die man für seinen Erhalt aufbringen muss. Sorgen bereiten dem Verein aber auch die immer wieder aufflammenden Diskussionen um die Gemeinnützigkeit soziokultureller Zentren, die von der rechten Ecke betrieben werden - ein verheerendes Signal für Vereine wie das Kloster, das mit seinen Horber Friedenstagen und vielen anderen Angeboten für alle Altersgruppen und gesellschaftlichen Schichten so wichtige Demokratie-Arbeit leistet.

Im alten Freibad am Neckarufer war ich mit Luis Schneiderhan verabredet, frisch gewählter Stadtrat der Grünen in Horb und mit 18 Jahren ganz sicher der jüngste Fraktionsvorsitzende weit und breit. Er ist außerdem einer der Organisatoren und führenden Köpfe der “Fridays for Future”-Bewegung in Horb, zu der auch unsere Kreisvorsitzende Viviana Weschenmoser gehört. Was Vivi und Luis in Horb auf die Beine gestellt haben, ist wirklich beeindruckend. “Wir wollen nicht nur demonstrieren, wir wollen auch Jugendbeteiligung ermöglichen”, meinte Luis. Die Aktivisten haben nicht nur eine Demonstration mit 300 Teilnehmern organisiert, sondern auch eine Klimakonferenz im Martin-Gerbert-Gymnasium ins Leben, an der Schüler, Eltern und Lehrer teilnahmen. Jetzt versuchen die beiden ihr Netzwerk auszubauen, und die Idee einer Klimakonferenz auch in andere Schulen zu tragen. Vergangene Woche haben in Calw vier beeindruckende junge Vertreter von FFF im Kreistag gesprochen, um ihre Anliegen vorzubringen. Für mich ein Anlass, einen Jugend-Kreistag anzuregen, eine Idee, die auch die SPD im Kreistag von Freudenstadt eingebracht hat. Ganz im Sinne von "Think global, act local" kommt es beim Klimaschutz auf die große Politik an, aber eben auch auf das verantwortliche Handeln vor der eigenen Haustür. So können Kommunen in ihren Vergaberichtlinien auch Nachhaltigkeitsaspekte vorgeben - wenn ein Jugendgemeinderat oder -Kreistag einen solchen Beschluss herbeiführen könnte, könnten die jungen Leute Selbstwirksamkeit in der Politik erleben. Das ist wichtig für die Bewegung, aber auch für die Bereitschaft, sich politisch zu engagieren. Nichts motiviert mehr, als wenn man Dinge selbst verändern kann, die notwendig verändert werden müssen.

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Bitte addieren Sie 4 und 1.