Baiersbronn. Politik zum Anfassen erlebten die Klassen 9 und 10 des Richard-von-Weizsäcker-Gymnasiums beim Besuch von Saskia Esken. Die Bundestagsabgeordnete besucht immer wieder Schulen in ihrem Wahlkreis, um mit Schülerinnen und Schülern über Politik und Gesellschaft zu diskutieren und über ihre persönlichen Motivationen und Erfahrungen zu berichten – eine Investition in die Demokratiebindung junger Menschen, wie sie betonte.
Der stellvertretende Schulleiter Thorsten Heß stellte Esken als ehemalige Parteivorsitzende und nun Vorsitzende des Bildungs- und Familienausschusses als „Politikerin aus dem obersten Regal“ vor. Darauf folgte eine lebhafte Frage- und Antwortrunde, bei der keine Themen tabu waren. Die Schülerinnen und Schüler wollten wissen, wie Esken überhaupt zur Politik gekommen ist: „Ich gründete damals mit anderen Jugendlichen ein Jugendhaus“, erzählte sie, und dass sie erst mit 30 Jahren Mitglied der SPD wurde, obwohl sie in einem sozialdemokratischen Elternhaus aufgewachsen sei. „Aber wer will als junger Mensch schon da seine Freizeit verbringen, wo die Eltern sind?“ fragte sie scherzhaft.
Die Diskussion reichte von Fragen zum persönlichen Leben der Abgeordneten über den Arbeitsalltag im Bundestag und Wahlkreis bis zu politischen Themen wie Bildung, Wehrdienst und das Zusammenspiel der Parteien. Esken berichtete die Struktur und die Unterschiede ihrer Arbeitswochen in Berlin und im Wahlkreis, die dennoch eines gemeinsam hätten: „Sie sind auch am Wochenende nicht zu Ende sind“. Auf die Frage, welche Eigenschaften sie für Politiker und Politikerinnen als besonders wichtig erachtet, nannte sie „Neugierde und Kompromissbereitschaft“. Selbst private Vorlieben wurden erfragt: Nutella isst Esken lieber ohne Butter.
Doch auch inhaltlich ging es zur Sache: Wie könnte das beste Schulsystem aussehen? Ihr sei es wichtig, dass alle jungen Menschen unabhängig von Elternhaus und Kommune mit bester Unterstützung ihren Weg gehen könnten. Doch wenn es um die Schulart ging, räumte sie ein: „Ich fände es besser, wenn alle gemeinsam lernen würden, ohne wie im im dreigliedrigen System viel zu früh aufgeteilt zu werden.“
Fragen gab es natürlich auch zum neuen Wehrdienst – „ein Thema, das für Euch viel konkreter ist als für die Leute, die das im Bundestag entscheiden“, so Esken. Die Abgeordnete betonte, wie wichtig es ihr sei, dass junge Menschen selbst entscheiden können, ob sie einen Wehrdienst an der Waffe leisten wollten, einen Dienst im Katastrophenschutz oder auch einen Freiwilligendienst wie das Freiwillige Soziale Jahr. Gleichzeitig sei es notwendig, die Verteidigungsfähigkeit des Landes zu erhöhen. Durch Anreize wie eine gute Vergütung und ein bezahlter Führerschein wolle man deshalb mehr junge Menschen für den Wehrdienst motivieren. Auf Nachfrage stimmte sie zu, es sei ungerecht, dass bisher nur junge Männer verpflichtet werden könnten, auch beim Beantworten des Fragebogens. Wer das ändern wolle, brauche aber eine Zweidrittel-Mehrheit in Bundestag und Bundesrat, und die gebe es nicht.
Sehr klar und deutlich wurde Esken beim Thema AfD. Sie berichtete von ihren Beobachtungen und Erfahrungen mit der AfD und machte klar, dass ihre Haltung dazu unverrückbar sei: „Für mich kommt eine Zusammenarbeit mit dieser Partei unter keinen Umständen in Frage. Sie ist menschenfeindlich und rechtsradikal.“
Nach rund anderthalb Stunden endete die Fragerunde – zu früh, wie viele fanden. „Ich komme gerne wieder“, so Esken. Gleichzeitig gebe es jederzeit die Möglichkeit, dass die Schule sie bei Gelegenheit im Bundestag besucht.
Der Besuch zeigte, wie lebendig und spannend Politik sein kann, wenn junge Menschen direkt mit Entscheidungsträgern ins Gespräch kommen – ein Einblick, der sowohl informativ als auch motivierend wirkte.
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