Bundesarbeitsminister Heil zu Gast bei Saskia Esken

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und SPD-Bundestagsabgeordnete Saskia Esken diskutierten in einer Online-Konferenz mit Verbänden, Gewerkschaften und Bürger*innen zu den Auswirkungen der Pandemie und weiterer Entwicklungen auf den Arbeitsmarkt.

Bildnachweis: Dietmar Wadewitz und Susie Knoll

Calw/ Freudenstadt. Auf Einladung von Saskia Esken, Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Calw/Freudenstadt war am vergangenen Freitag Bundesarbeitsminister Hubertus Heil zu Gast bei einer Online-Veranstaltung unter dem Titel „Krise meistern - Zukunft gestalten: Wie sichern wir Arbeitsplätze?“ Weitere Podiumsgäste waren Dorothee Diehm, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Geschäftsstelle in Freudenstadt, Beate Gaiser, 1. Vorsitzende der DEHOGA Freudenstadt, Martin Holl, DGB-Regionssekretär für den Kreisverband Rastatt/ Baden-Baden, Ralf Kühnle, Betriebsratsvorsitzender der Firma Friedrich Boysen GmbH & Co. KG und Martina Lehmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim. Rund 50 Zuhörer*innen lockten Thema und Teilnehmende vor die Laptops und an die Smartphones, um der digitalen Veranstaltung beizuwohnen.

Gleich zu Beginn der Veranstaltung machte der Arbeitsminister in seinem Eingangsstatement deutlich: „Es ist die tiefste Wirtschaftskrise unserer Generation, doch bisher hat sich der deutsche Arbeitsmarkt robust geschlagen. Der Tsunami am deutschen Arbeitsmarkt ist ausgeblieben.“ Der wichtigste Grund hierfür sei das Instrument der Kurzarbeit. „Die Kurzarbeit ist die stabilste Brücke über ein tiefes wirtschaftliches Tal“, so der Minister.

Auch die SPD-Parteivorsitzende Esken betonte: „Bund und Länder haben zur Bewältigung der sozialen und wirtschaftlichen Folgen umfangreiche und vielfältige Programme aufgelegt und diese auch immer weiterentwickelt.“

Den Bogen in die Region schlug zunächst Martina Lehmann, Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Nagold-Pforzheim: „Wir arbeiten jetzt schon seit fast einem Jahr sehr hart, aber eben auch erfolgreich dafür, dass das Kurzarbeitergeld möglichst schnell dort ankommt, wo es  dringend gebraucht wird – bei unseren Betrieben“. Gleichzeitig unterstütze man die Unternehmen dabei, ihre Beschäftigten fit für die Zukunft zu machen. Besondere Sorgen bereite ihr derzeit die Situation auf dem Ausbildungsmarkt. In Zeiten von Kontaktverboten, Schulschließungen und auch rückläufigen Ausbildungsstellen sei es schwieriger geworden junge Menschen und Betriebe zusammen zu bringen. Auch Esken betonte diesbezüglich ihre Sorgen: „In Baden-Württemberg sind rund 8.500 Jugendliche im letzten Herbst ohne Ausbildungsplatz geblieben. Es müssen jetzt dringend Programme zur Unterstützung der außerschulischen Jugendeinrichtungen und zur Stärkung der Jugendhilfe entwickelt werden, damit die junge Generation einen guten Weg aus der Pandemie finde.“

Beate Gaiser, 1. Vorsitzende der DEHOGA Freudenstadt, wies diesbezüglich auf das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ hin. Dieses müsse in einigen Punkten nachgebessert werden. Gaiser machte zudem die Enttäuschung ihrer Branche Luft, dass es für ein Ende des Shutdowns keine zeitliche Perspektive gebe. „Wir müssen wissen, wann es endlich weitergeht.“, so Gaiser. Die langen Schließzeiten hätten wegen der umfangreichen, aber bislang nur schleppend ausbezahlten Hilfen teils zu hoher Verschuldung geführt. Des Weiteren bereite ihr die Mitarbeitersituation in der Branche große Sorgen: „Aufgrund der langen Schließung verlieren unsere Betriebe durch Abwerbung der Industrie und Umorientierung unserer Mitarbeiter die Fachkräfte. Wir haben die Befürchtung, dass viele Betriebe nicht mehr lange durchhalten.“ Die Verlängerung der reduzierten Mehrwertsteuer auf Speisen begrüßte Gaiser und sprach die Hoffnung aus, dass diese Senkung letztlich entfristet werde. Eine Perspektive für mögliche Öffnungen konnte auch Heil nicht geben. Hier machte der Minister deutlich, dass das Infektionsgeschehen entscheidend sei.

In der Automobilbranche und den Zulieferbetrieben wird unter Anwendung von Hygienekonzepten unverändert gearbeitet und man hat es geschafft, trotz Pandemiegeschehen, den Betrieb aufrecht zu halten. Die Transformation durch Digitalisierung und den Wandel in der Antriebstechnik und ihre Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt waren insofern weitere Themen des Abends. Dorothee Diehm, 1. Bevollmächtigte der IG Metall Geschäftsstelle in Freudenstadt, stellte hierfür vier Forderungen auf: Die Stabilisierung des Entgelts, die Beschäftigungssicherung für Betriebe, die noch mit den Auswirkungen der Krise zu kämpfen haben werden, einen tariflichen Rahmen für betriebliche Zukunftsvereinbarungen in den Betrieben und die Sicherung der Ausbildungsplätze. „Es wird Tätigkeiten geben, die verschwinden, während andere neu entstehen. Doch auch die, die bleiben, werden sich verändern. Beim Thema Weiterbildung für die Transformation müssen wir die Arbeitgeber in die Verantwortung nehmen. Denn neben Arbeitsplatzverlusten auf Grund von Digitalisierung und Transformation sind geplante   Verlagerungen von Produktion nach Osteuropa, wie ganz aktuell am Beispiel der Fa. Robert Bürkle in Freudenstadt und die Abwanderung von bestehender Technologie eine reale Gefahr für Arbeitsplätze in der Region “, so Diehm.

Auch Ralf Kühnle, Betriebsratsvorsitzender der Firma Friedrich Boysen GmbH & Co. KG, unterstrich Diehms Forderungen: „Boysen baut in der Produktion Personal ab, indem altershalber ausscheidende Beschäftigte nicht mehr ersetzt werden und verlagert angeblich aus Kostengründen in den Osten, das heißt, in 10 Jahren werden wir hier im Landkreis Calw nicht mehr alles produzieren was wir heute kennen.“ Die Auswirkungen dieser Entwicklung können für die Region  gravierend sein, wenn uns die Transformation zu neuen Innovationen nicht rechtzeitig und erfolgreich gelingt.

Heil unterstrich hierzu: „Wir wollen die Transformation hinbekommen. Es ist ein dreifacher Stresstest. Aktuelle Konjunkturkrise, Digitalisierung und der neue Antriebsstrang.“ Eine aktiv begleitende Arbeitsmarkt- und Qualifizierungspolitik sei für ihn und die SPD-Bundestagsfraktion der Schlüssel zur Bewältigung dieser Herausforderung.

Die Rolle des mobilen Arbeitens - auch Home Office genannt – in der aktuellen Pandemie und darüber hinaus stellte Martin Holl, DGB-Regionssekretär für den Kreisverband Rastatt/ Baden-Baden, heraus. Die Bereitschaft in den Betrieben sei größtenteils da. In Betrieben, wo es Mitbestimmung gebe, funktioniere es einwandfrei. Holl ging auch auf die Themen Transformation und Weiterbildung ein: „Wir müssen in die Betriebe und die Menschen sensibilisieren, damit sie verstehen, was das bedeutet.“

Zum Abschluss betonte auch Esken nochmal die Bedeutung der Weiterbildung für die Zukunftsfähigkeit des Landes. „Wir wollen, dass die Weiterbildung selbstverständlicher, alltäglicher Bestandteil des Arbeitslebens wird. Zudem muss jeder und jede Erwerbstätige die Möglichkeit haben, in der Mitte des Lebens noch einmal etwas ganz anderes anzufangen“, so Esken.

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