Der gesellschaftliche Zusammenhalt - und was wir dafür tun müssen

Andreas Grau bei seinem Vortrag

Im Mehrgenerationenhaus in Haiterbach habe ich bei einem Vortrag von Andreas Grau, Projektmanager von "In Vielfalt leben - Zusammenhalt gestalten" bei der Bertelsmann Stiftung über gesellschaftlichen Zusammenhalt gesprochen.

Nicht erst seit dem Brexit, seit der Wahl von Donald Trump und jetzt, seit mit der AfD eine in Teilen unverhohlen rechtsextreme und rassistische Partei in den Bundestag eingezogen ist, stellen wir fest: Die Fliehkräfte in unserer Gesellschaft wachsen, der Zusammenhalt schwindet.

Die Mittestudie der FES macht uns seit Jahren deutlich, dass ein Drittel (!) der Menschen in Deutschland „gruppenbezogen menschenfeindliche Ansichten“ hegt, gegen Juden, Schwule, Behinderte. Unsere Haltung gegenüber Diskriminierung und Hetze bleibt klar! Und dennoch, müssen wir auf der Seite der Wähler von AfD, Le Pen oder Trump die „besorgten Bürgern“ sehen, mit denen wir reden müssen.

Diese Menschen haben angesichts einer Welt im Wandel ein Bedürfnis nach Sicherheit und Ordnung, nach Orientierung und Stabilität. Und die wandelt sich ja wahrlich umfassend und rasend schnell: Mit der gesellschaftlichen Entwicklung hin zu mehr Offenheit und Vielfalt kann nicht jeder etwas anfangen, mit der Globalisierung verwischen nationale Grenzen und Gewissheiten … und mit dem digitalen Wandel kommt nicht nur mehr Vernetzung, Austausch und Beteiligung, nicht nur der Zugang zum Wissen dieser Welt. Da kommt auch die Angst um den Arbeitsplatz und die Angst, das alles nicht zu bewältigen.

Während wir in der Mehrheit diesen Wandel begrüßen, geht das einigen Menschen viel zu weit … oder jedenfalls viel zu schnell. Manche suchen in allem Fremden einen Sündenbock. Weil diese Haltung nicht akzeptiert und die dahinter liegenden Ängste nicht gesehen werden, haben sich viele aus dem Dialog mit der Politik und mit der Mehrheitsgesellschaft verabschiedet. Mit diesen Menschen wieder ins Gespräch zu kommen und dafür geeignete Formate zu entwickeln, ist eine der zentralen Herausforderungen für uns, für die Politik.

Der Zusammenhalt unserer Gesellschaft steht aber auch aus der sozialen Frage heraus auf dem Spiel, denn der vielbeschworene Wohlstand in unserem Land kommt nicht bei allen gleichermaßen an. Wohlstand und Chancen sind ungleich verteilt und werden immer ungleicher: Der Reichtum weniger wächst ebenso wie die Lohnungleichheit, die Kinderarmut, die Altersarmut.

Auch hierauf brauchen wir politische Antworten! Die Sozialdemokratie bleibt gefragt, denn wenn die soziale Kälte zunimmt wie in Zeiten der schwarz-gelben Regierung 2009-2013, dann ist das nicht nur ungerecht, sondern es befördert auch Politikverdrossenheit und das Abdriften gesellschaftlicher Gruppen an den Rand des politischen Spektrums.

Letztlich ist der gesellschaftliche Zusammenhalt aber auch eine Aufgabe der alltäglichen Lebensgestaltung, er hängt auch ab von der Aufmerksamkeit, dem Respekt und der Hilfsbereitschaft ab, die wir uns gegenseitig und den wir uns selbst entgegenbringen. Wir müssen uns wieder besser zuhören, die verschiedenen Lebenswirklichkeiten und Haltungen anerkennen und ernst nehmen. Das kann gelingen, wenn wir respektvoll und wertschätzend miteinander umgehen.

Die Arbeit der Mehrgenerationenhäuser ist da von unschätzbarem Wert und hat die Förderung aus Bundesmitteln rundherum verdient! Sie eröffnen Begegnung über den Tellerrand hinweg und tragen dazu bei, dass unsere Gesellschaft nicht (noch) weiter auseinandertreibt! Die Studie der Bertelsmann Stiftung, die Andreas Grau vorgestellt hat, birgt interessante Ergebnisse zu den sozialen und den politischen Dimensionen des gesellschaftlichen Zusammenhalts. 

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